70 Jahre Schach
Ludwig-Schirner-Ehrenpreis für Walter Ebert
Sicherlich ist es der Spezifik des Schachsports geschuldet, dass Walter Ebert so lange aktiv tätig ist, aber unabhängig davon, ist es eine bewundernswerte Leistung, 66 Jahre einem Verein anzugehören und 70 Jahre aktiv am Sonneberger Schachgeschehen teilzunehmen.
Geboren wurde Walter Ebert am 25. Februar 1926 in Sonneberg. Nach der Schulzeit erlernte er im damals modernsten Zahnradwerk Europas, zwischen Bettelhecken und Wildenheid gelegen, den Beruf des Werkzeugmachers. Obwohl noch nicht volljährig, blieb auch ihm das Drama des Zweiten Weltkriegs nicht erspart.
Nach dem verheerenden Krieg fanden sich auch in Sonneberg einige Schachenthusiasten zusammen, um wieder in Ruhe und Frieden ihren geliebten Schachsport zu betreiben. Auch Walter Ebert war dabei und gründete mit einigen Gleichgesinnten die Abteilung Schach innerhalb der FDJ-Spielgemeinschaft Sonneberg. An der ersten Nachkriegs-Stadtmeisterschaft 1948 nahmen 25 Schachfreunde teil, ein Rekordergebnis, das man heute gerne hätte. Der Routinier Otto Reupke wurde Stadtmeister, Walter Ebert musste noch Erfahrungen sammeln und landete im Mittelfeld.
Da sich die Organisationsstruktur des Sports erst allmählich entwickelte, gab es für Walter Ebert noch einige Vereinswechsel. Nach der FDJ-Sportgemeinschaft, erfolgte 1948 die Neugründung der Sparte Schach innerhalb der SG Eintracht Sonneberg. Bedauerlicherweise endete die Geschichte des Vereins „Eintracht“ bereits nach einem Jahr und mit der Gründung der zentralen Betriebssportgemeinschaft „Industrie“ im Juli 1949, mussten sich die Schachspieler wieder neu orientieren. Dies hatte zur Folge, dass viele Schachfreunde verärgert waren und in den beiden folgenden Jahren kaum noch Wettkämpfe und Turniere stattfanden.
Es folgte die Phase der Neugründungen von so genannten Betriebssportgemeinschaften (ein finanzstarker Betrieb fungierte als Trägerbetrieb), Walter Ebert landete mit einigen seiner Schachfreunde bei der BSG Post Sonneberg.
Eine Wende zum Positiven trat erst ein, als die BSG Turbine Sonneberg am 20. April 1951 im Rahmen einer Feierstunde in der Gaststätte Erholung gegründet wurde. Anfang des Jahres 1952 kam die Sektion Schach hinzu. Mit Rolf Hausdörfer fand sich auch ein Organisator, der es schaffte, alle starken Schachspieler Sonnebergs bei der Turbine zu zentralisieren.
Als neues Spiellokal fand man im Speisesaal der Energieversorgung in der Stalinstraße (heute Bernhardstraße) einen schönen und geräumigen Saal. Diese Spielstätte sollte über 40 Jahre das Heim für die Turbine Schachsportler werden und war auch quasi das zweite Wohnzimmer von Walter Ebert.
Unter der Federführung der BSG Turbine wurde dann ab 1953/54 regelmäßig Stadtmeisterschaften durchgeführt, an der sich sowohl aktive als auch nichtaktive Schachsportler beteiligen konnten. Nach dem Abgang einiger starker Spieler kam den verbliebenen Routiniers, zu denen mittlerweile auch Walter Ebert gehörte, eine tragende Rolle zu. Bis weit in die 70er-Jahre gehörte er zur ersten Garnitur des Vereins. In dem Bestreben seinen geliebten Schachsport weiter voranzubringen, absolvierte er mehrere Schiedsrichterlehrgänge und fungierte bei vielen Wettkämpfen als Turnierleiter und Kampfrichter. Um 1954 wurde die Klassifizierung innerhalb des Schachverbandes neu geregelt. Walter Ebert übernahm innerhalb des Kreis-Fachausschusses die Klassifizierung der Schachfreunde und übte diese Tätigkeit bis 1986 aus.
Nachdem er in den 70er-Jahren dem Alter und dem nachdrängenden Nachwuchs Tribut zollen musste, hielt er dem Verein weiter die Treue und verstärkte die 2. Mannschaft, die ab 1974 auch höherklassig spielte. Eine weitere Zäsur gab es Mitte der 90er-Jahre. Zusammen mit Dr. Alfred Heinz, einem weiteren Senior, spielte er nun in der 3. Mannschaft. In dieser wurden talentierte Jugendliche wie Christopher Hartleb und Ronny Schloßer systematisch in den Erwachsenenbereich geführt, wo sie sich schnell etablieren konnten. Bis 2015 nahm die 3. Mannschaft am Punktspielbetrieb teil, und Walter Ebert war stets zur Stelle. Seit sich die 3. Mannschaft aufgrund von Spielermangel zurückziehen musste, half Walter Ebert im Notfall in der 2. Mannschaft aus.
Wegen seiner vielen anderen Verpflichtungen, sowohl familiär, als auch in der katholischen Kirche sowie in der Kleingartenanlage Waldhaus, konnte Walter Ebert selten Turniere im Kreis oder Bezirk mitspielen. Allerdings ließ er es sich nicht nehmen, bei den BSG- und Stadtmeisterschaften sowie den Punktspiele mitzuspielen. Er war und ist die Verkörperung des vorsichtigen und zurückhaltenden, aber mannschaftsdienlichen Spielers. Da er selten das letzte Risiko einging und öfter auch mal ein Remis akzeptierte, blieben ihm spektakuläre Spitzenplätze bei Meisterschaften versagt. Seine größten Erfolge hatte er in den 50er- und 60er-Jahren, als er sechsmal in Folge unter den ersten Sechs bei der Stadtmeisterschaft landete. Zweimal in den Jahren 1958/59 und 1959/60 belegte er sogar Platz 3. In den Punktspielen gab es kaum ein Spiel, das Walter Ebert versäumte. In späteren Jahren kiebitzte er oft bei den Heimkämpfen der 1. und 2. Mannschaft, freute sich an den Erfolgen der jüngeren Garde und litt mit ihnen bei Misserfolgen und Abstiegen.
In seiner langen Schachlaufbahn konnte Walter Ebert zahlreiche Auszeichnungen einheimsen. Bereits 1965 erhielt er die Ehrennadel des DTSB in Bronze und 1973 die Ehrenurkunde des DTSB. Im Jahre 1974 folgte die Ehrennadel des DTSB in Silber. Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 25-jährigen Jubiläum der BSG Turbine wurde er mit der Ehrennadel des DSV in Silber ausgezeichnet. Auch nach der Wende blieb er aktiv. Neben weiteren Auszeichnungen durch die SG 1951 Sonneberg, erhielt er 2001 während des Oberfränkischen Schachkongresses in Schney den Ehrenteller des Oberfränkischen Schachverbandes. Insgesamt hat Walter Ebert mindestens 330 Punktspiele absolviert und dabei davon knapp 50% der Punkte erkämpft. Es sind mit Sicherheit noch einige Spiele mehr, weil die Aufstellungen in den Punktkämpfen der 50er-Jahre nicht bekannt sind.
Die Auszeichnung mit dem Ludwig-Schirner-Preis ist nun die Krönung seines Lebenswerks.