Sonneberg vollbringt sein Meisterstück
Bezirksoberliga Oberfranken, 9. Spieltag SG 1951 Sonneberg - TSV Kirchenlaibach 4:4
Das Spiel gegen den TSV Kirchenlaibach war zweifellos das bisher bedeutendste Ligaspiel der Sonneberger Vereinsgeschichte. Da die Bedeutung im Vorfeld der Begegnung bereits absehbar war – schließlich trafen zwei Meisterschaftsaspiranten am letzten Spieltag direkt aufeinander – entsandte der Schachverband Oberfranken mit dem Seubelsdorfer Christian Gebhardt einen neutralen Schiedsrichter.
Um die Meisterschaft einzutüten, mussten die Sonneberger zwei Bedingungen erfüllen: Sie durften nicht verlieren und mussten dabei mindestens ebenso viele Brettpunkte erzielen wie der Dauerrivale SV Neustadt im Parallelspiel gegen Weidhausen. Der Schiedsrichter hatte vor dem Spiel mit Olaf Knauer, dem Mannschaftsführer des SK Weidhausen, vereinbart, dass nach etwa drei Stunden die ersten Zwischenergebnisse gemeldet werden. Für Hochspannung war also gesorgt.
Hochkonzentriert gingen beide Mannschaften ans Werk. Unüblicherweise zeichneten sich auch nach einer Stunde Spielzeit noch an keinem der 8 Bretter Konturen ab, in welche Richtung sich der Kampf entwickeln würde. Franz Geisensetter eröffnete den Score. Nach schemenhaften Angriffsversuchen warf er gerade noch rechtzeitig den Remisanker. Ersatzmann Daniel Riedel, der für den verhinderten Klaus Rierl einspringen musste, hatte seine Partie jederzeit im Griff und erspielte ein sicheres Remis. Dann die erste Entscheidung: Klaus-Dieter Jacob, der immer besser ins Spiel fand, profitierte von einem Lapsus seines Gegenübers und sorgte mit einem vollen Punkt für die Sonneberger Führung. Routinier Egon Matthäi hatte sich gegen seinen wertungsstarken Kontrahenten eine überlegene Stellung erspielt, gab sich allerdings ob der Führung mit einem Remis durch Stellungswiederholung zufrieden. Beim Zwischenstand von 2½:1½ erfuhr man vom Spielstand des Parallelspiels, in dem Neustadt mit 2:3 zurücklag. Somit war klar, dass ein eigener Sieg praktisch sicher und ein Unentschieden höchstwahrscheinlich zur Meisterschaft ausreichen würden.
Doch noch lag man nur mit einem Punkt vorn und stand an drei Brettern unter Druck. Christopher Hartleb, der sich etwas Stellungsvorteil und ein großes Zeitpolster erabeitet hatte, konnte es sich leisten, abzuwarten, wie sich die weiteren Partien entwickeln würden. Uwe Neugebauer hatte in der Zeitnotphase eine Remisfortsetzung verschmäht und begann etwas zu wackeln. Andriy Trachuks Angriff war versandet und Mikhael Safronow hatte gerade einen Bauern ohne sichtbare Kompensation eingebüßt. In Anbetracht dessen spielte Christopher weiter und tatsächlich konnte er seinen Gegner in Zeitnot vor eine schwierige Entscheidung stellen, die dieser falsch beurteilte. Christopher wickelte in ein gewonnenes Endspiel ab und brachte die Mannschaft mit zwei Punkten in Führung. Langes Zittern war bei Uwe Neugebauer angesagt, der für eine mehr oder weniger offensichtliche Remisabwicklung fast eine halbe Stunde Bedenkzeit aufwendete, sie aber zur Erleichterung aller doch fand.
Beim 4:2-Zwischenstand war Kirchenlaibach aus dem Meisterrennen ausgeschieden und mit einem weiteren halben Punkt hätte es Sonnberg aus eigener Kraft klarmachen können. Es sollte nicht sein. Die Stellungen von Andriy Trachuk und Mikhael Safronow waren zu schlecht und gingen verloren. Doch unmittelbar nach der Aufgabe Safronows zum schlussendlichen 4:4 gratulierte der Schiedsrichter den Sonnebergern zur Meisterschaft, denn eben war die Kunde vom vierten Punkt Weidhausens eingetroffen.
Große Freude und Verwunderung über sich selbst auf Sonneberger Seite. Als Aufsteiger im ersten Jahr die Meisterschaft zu feiern, dürfte es noch nicht allzu oft gegeben haben. Unmittelbar nach dem feststehenden Triumph wurde vereinbart, in Kürze eine Meisterfeier zu absolvieren und eine Mannschaftsitzung anzuberaumen, ob der mit der Meisterschaft verbunden Aufstieg in die Regionalliga Nord/West in Anspruch genommen werden soll oder nicht.